Eine Liebeserklärung an Venedig

 

 

Venedig. Das ist so wie jemanden treffen und ihn auf Anhieb sympathisch finden. Oder so wie frischgebackenes Bananenbrot essen. Oder beides zusammen. Venedig erkennt man am Geruch. Diesem intensiven salzigen Meeresgeruch. Und dem geschäftigen Treiben. Hier ist immer etwas los und trotzdem weiß man, dass es auch Rückzugsorte gibt. So wie am Lido zum Beispiel, wo ich mein Hotel gebucht habe. Hier gibt es Sandstrände, mondäne Hotels - wie das Grand Hotel Excelsior, das vor allem durch Thomas Manns Novelle "Der Tod in Venedig" bekannt wurde - und auch sehr bodenständige Lokale, in denen man in Ruhe seine Pizza essen kann. Ohne zu wissen, was man als nächstes tun wird. Venedig ist so viel mehr als nur der Markusplatz und die Rialtobrücke. Die Insel Pellestrina zum Beispiel. So unglaublich still. Ohne Sehenswürdigkeiten. Fast keine Menschen. Hier hat man Mauern errichtet, um sich gegen den Wind und das Wasser zu schützen. So genannte Murazzi. Und dann die buntbemalten Häuser, die den Eindruck erwecken, als würden sie sich hinter den Mauern ducken wollen. Der Strand ist wild. Der Boden herb. Authentisch ist es hier und sehr windig. Vergeblich wird man auf Pellestrina nach Pauschaltouristen oder Strandbuden suchen. Vielmehr wandert man hier bis zur Halbinsel Caroman und lauscht dem monotonen Rauschen des Windes.

 

 

 

 

Nur einige Kilometer vom Markusplatz entfernt taucht man ein in die Wasserwelt der Lagune, die ein Labyrinth aus Inseln, Salzwiesen und Kanälen ist. Aus der steinernen Enge begibt man sich dann hinaus in die freie Landschaft, hin zur Insel San Michele, die von einer Mauer umgeben ist. Seit dem Jahr 1807 setzt man die Verstorbenen nicht mehr in der Stadt selbst bei, sondern auf der Friedhofsinsel, die wie ein Außenposten im urbanen Gefüge Venedigs erscheint. 

 

Auf Murano hingegen stellt man seit rund 700 Jahren Glasprodukte her, während Sant' Erasmo der Gemüsegarten von Venedig ist. Lazzaretto Nuovo ist ein zehn Hektar großes Eiland, das ebenfalls von dieser Mauer umgeben ist. Es handelt sich dabei um eine ehemalige Isolierstation, die 1468 eingerichtet wurde und in der man verdächtige Reisende und Seeleute unterbrachte, da man mehrmals befürchtete, von der Pest heimgesucht zu werden. Aus den Schornsteinen qualmte zu dieser Zeit verbrannter Rosmarin, denn damit wollte man die unheimlichen Krankheiten loswerden.

 

Die Verlassene - Deserto - das ist der Beinamen der Insel San Francesco, auf der sich im Jahr 1220 Franz von Assisi zur inneren Einkehr zurückgezogen haben soll. Der Besitzer schenkte das kleine Eiland den Franziskanern, sodass seither hier ein Kloster zu finden ist. Gleich gegenüber ist die Insel Burano zu finden, ein farbenprächtiger Ort, der fast ein bisschen an eine Spielzeugstadt erinnert. Einer Legende nach sollen die ansässigen Fischerfamilien ihre Häuser so bunt gestrichen haben, damit die Männer wieder zurück nachhause fanden, wenn sich in den Wintermonaten der Nebel über die Lagune legte.

 

Ein stiller Traum ist die Insel Torcello, auf der sich die ersten Siedler vor rund 1500 Jahren niederließen. Torcello vergrößerte sich und wurde schließlich sogar Bischofssitz mit rund 20.000 Einwohnern, Palästen und Kirchen. Aufgrund der zähen Natur in der Lagune versumpfte die Insel aber, die Bewohner erkrankten an Malaria und viele flohen.

Hier will ich ganz allein durch alte Gassen gehn, bei Fackelschein an Gondeltreppen stehn, in blinde Fenster sehn, bang-glücklich wie ein Kind im Dunkeln sein." (Hermann Hesse: Ankunft in Venedig)
"Hier will ich ganz allein durch alte Gassen gehn, bei Fackelschein an Gondeltreppen stehn, in blinde Fenster sehn, bang-glücklich wie ein Kind im Dunkeln sein." (Hermann Hesse: Ankunft in Venedig)
Der Lido von Venedig
Der Lido von Venedig
"Venedig ist ein Land für sich. Es kann nicht richtig Teil sein, nicht von Italien, von nichts. Es schwimmt, verankert in seinem eigenen Wollen, inmitten seiner Kuppeln und Campanile, im Herzen unabhängig und exotisch." (Harold Brodkey: Venedig)
"Venedig ist ein Land für sich. Es kann nicht richtig Teil sein, nicht von Italien, von nichts. Es schwimmt, verankert in seinem eigenen Wollen, inmitten seiner Kuppeln und Campanile, im Herzen unabhängig und exotisch." (Harold Brodkey: Venedig)
Die Insel Pellestrina ist völlig untouristisch und kann man dem Bus erreicht werden
Die Insel Pellestrina ist völlig untouristisch und kann mit dem Bus erreicht werden

5 Dinge, die man in Venedig machen sollte:

  • Das jüdische Viertel im Stadtteil Cannaregio besichtigen
  • Nach Giudecca, einer kleinen Insel im Süden Venedigs fahren
  • Touristenfrei: der Campo San Ciacomo dell´Orio
  • Eis essen im Minisalon Alaska, wo es sehr ausgefallene Sorten gibt
  • nach Burano fahren, in der Sonne sitzen und die bunten Häuser betrachten
Die erste und einzige Route, die ich dir empfehlen möchte, hat einen Namen. Sie heißt: Zufall. Untertitel: Ohne Ziel. Sichverirren ist der einzige Ort, den anzusteuern sich lohnt." (Tiziano Scarpa: Venedig ist ein Fisch")
"Die erste und einzige Route, die ich dir empfehlen möchte, hat einen Namen. Sie heißt: Zufall. Untertitel: Ohne Ziel. Sichverirren ist der einzige Ort, den anzusteuern sich lohnt." (Tiziano Scarpa: Venedig ist ein Fisch")

Mein Venedig

Venedig 

meine Stadt

 

Ich fühle sie

von Welle zu Welle

von Brücke zu Brücke

 

Ich wohne

in jedem Palast

am großen Kanal

 

Meine Glocken

läuten Gedichte

 

Mein Venedig

versinkt nicht.

(Rose Ausländer)

Lesefutter für den Urlaub

Venedig: Eine Verführung (insel taschenbuch) : Ein tolles Buch von Hanns-Josef Ortheil mit Rezepten zum Nachkochen und vielen Tipps abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten.
Leben in Venedig : Dirk Schümer, der selbst in der Lagunenstadt wohnt, gibt hier einen faszinierenden Einblick in die Eigentümlichkeiten und das Lebensgefühl der Bewohner.
Reiches Erbe: Commissario Brunettis zwanzigster Fall : Weil Donna Leon einfach zu Venedig dazugehört.

Für Cineasten

Der Liebeswunsch : Ein junges Mädchen geht eine Ehe mit einem älteren Mann ein, doch die Ehe wird zur Qual. Bis sie schließlich eine Affäre mit einem anderen beginnt.
Der talentierte Mr. Ripley : Tom Ripley soll den Playboy Dickie Greenleaf von Italien zurück in die USA bringen. Eine Begegnung, die weitreichende Folgen für Dickie hat.
Vor allem im letzten Tagesschimmer zeigt Venedig dann ihr traumhaftes Gesicht. Dann wird die Lagunenstadt in zarte Farben gehüllt und vom Wasser umrahmt
Vor allem im letzten Tagesschimmer zeigt Venedig dann ihr traumhaftes Gesicht. Dann wird die Lagunenstadt in zarte Farben gehüllt und vom Wasser umrahmt